Artikel vom 20. Januar 2006
"Erst vergessen, wenn der Name
vergessen ist"
Bildhauer und Aktionskünstler Gunter Demnig verlegt
"Stolpersteine" in der City. Schüler recherchieren.
Von Ilka Kremer
ISERLOHN · "Sehr interessant und spannend, aber auch
erschreckend" fanden Adelin, Ayse,
Belmire und Hüseyin von der
Gesamtschule Iserlohn ihre Recherchearbeit zu den "Stolpersteinen".
Gestern waren sie dabei, als der Bildhauer und Aktionskünstler Gunter Demnig
elf mit Messingplatten versehene Pflastersteine, die an die Vertreibung und
Ermordung von Juden während des Nationalsozialismus erinnern, in der
Fußgängerzone der Waldstadt verlegte.
Wie bereits berichtet, installiert Demnig die
"Stolpersteine", die mit persönlichen Daten der Deportierten und Ermorderten versehen sind, von Flensburg bis Freiburg in
der gesamten Bundesrepublik. Mehr als 6500 sind es mittlerweile - in 95
Städten. Direkt vor dem Haus, in dem diese Menschen gewohnt haben, werden die
steinernen Quader in das vorhandene Pflaster gesetzt. "Ich habe ein
Unbehagen vor zentralen Gedenkstätten. Die Namen müssen zurück an die Orte, wo
die Menschen herkommen", erklärt Gunter Demnig gegenüber der Redaktion.
Denn: "Der Mensch ist erst vergessen, wenn der Name vergessen ist",
sagt der Kölner Künstler.
Routiniert geht Demnig in der Wermingser Straße mit Kelle und
Hammer zu Werke, um die "Stolpersteine" zu verlegen. Umringt wird er
dabei von Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule und des Stennergymnasiums. Einige Passanten bleiben stehen und
schauen neugierig. "Was passiert denn hier?" fragen sie. Gerne geben
Demnig selbst oder auch der eine oder andere Jugendliche Erklärungen ab.
Nicht, weil er in irgendeiner Form selbst betroffen ist, engagiert
sich Demnig in diese Richtung. Sondern, weil er bereits früh angefangen hat,
politisch zu arbeiten und Aktionskunst gegen Krieg und Verfolgung zu machen.
Jetzt freut er sich, dass er mit seinen "Stolpersteinen" zum einen
bei den Schülern, die die Recherchearbeit machen, etwas bewirkt. Und zum
anderen bei den Passanten, die vielleicht ins Nachdenken kommen, wenn sie über
die Steine in der Iserlohner City "stolpern".